Nach holpriger Kommunikation via Satellitentelefon, der einzigen möglichen Verbindung, einer noch holprigeren Autofahrt und zwei Autoreparaturen, gelangen Emanuel, Antonio und ich spät abends doch noch zu Tesoro Escondido (span.: „verborgener Schatz“, ca. 4 denkwürdige Autostunden von Las Golondrinas entfernt). Rosi, Romi und Ronaldo nehmen uns freundlich in Empfang und leuchten den Weg durch Regen und Schlamm zu ihrem Haus. Ihre Mutter Magali und ihr Vater Javier, Kakao Bauer und Präsident der Kooperative ASOPROTESCO/Tesoro Escondido, haben es wie alle Bauern hier aus Holz selbst gebaut. Es steht auf hohen Pfählen und besteht aus vier kleinen Schlafkammern und einer riesigen Veranda. Die Veranda ist der Wohn- und Arbeitsbereich. Hier wird gekocht, gegessen, geduscht, gewaschen und gespielt. Rund um das Haus stehen auf knapp fünf Hektaren die Kakao Bäume von Javier und Magali. Daneben gibt es viele Fruchtbäume, Hühner, ein Schwein, einen Teich mit Fischen, alles zur Sicherung der Selbstversorgung. Das Wasser wird von einer Quelle gezapft. Es kann in der Trockenzeit nach nur einer Woche ohne Regen knapp werden. Dies kann ich mir nur schlecht vorstellen, bei den Regenmassen, die in diesen Tagen herunterkommen. Selbst mit Gummistiefeln braucht es reichlich Geschick, um unbeschadet durch den teilweise knietiefen Schlamm zu waten.

Stolz zeigen Javier und Antonio am nächsten Tag ihre Plantagen und besten Bäume. Ab dem zweiten Tag gilt es Ernst, die Arbeit ruft. Wir ernten eine Parzelle von Antonio. Farbe und Anschneiden der Fruchtschalen geben Auskunft über die Reife. Das steile und rutschige Gelände macht das Arbeiten schwierig, aber nach einem halben Tag haben wir ein Quintal (entspricht 50kg, eine Gewichtseinheit in Lateinamerika) zusammen. Antonio hat ein Pferd, dem er solche Lasten anvertraut. Bei ihm werden die frischen Kakaobohnen vorgetrocknet, und es gibt ein verdientes Mittagessen. Selbstgemachter Käse, Reis und Bohnen. Zum Dessert eine Ananas, die man so schnell nicht vergisst. In den folgenden Tagen arbeiten wir oft auf dem Gelände von Javier. Das Gras muss geschnitten werden, damit die Luft unter den Bäumen wieder besser zirkulieren kann und das Ernten leichter fällt. Im flachen Gelände mit Fadenmäher und im steilen Gelände mit der Machete. Wir ernten eine Parzelle, bauen eine neue Fermentationskiste, pflanzen neue Setzlinge, schneiden Bäume zurück und pflegen die Schnittstellen, um das Eindringen von Krankheiten zu verhindern. Die Kleider sind jeweils nach 30 Minuten so verschwitzt, als ob man in einen Pool gesprungen wäre, und sie trocknen auch nicht bis zum nächsten Tag. Ansonsten ist das Klima eigentlich noch ganz angenehm.

Eindrücke aus Ecuador

Am Abend werden Kakaobohnen aufgeschnitten und es wird gefachsimpelt über Fermentationsgrad und Qualität. Nach dem Essen gibt’s dann manchmal Kartenspiel- oder Singabende. Highlights sind die sonntäglichen Ausflüge in die Umgebung. Sei es mit dem Kanu vorbei oder versuchsweise vorbei an Baumstämmen und Stromschnellen, begleitet von tausenden Fröschen und Glühwürmchen. Oder wir gehen zu Fuss durch Wald und Bäche auf die Suche nach Affen, die wir zwar leider nicht gefunden haben, doch dafür lachen wir viel und dürfen feines, in Bananenblätter eingewickeltes Picknick geniessen.

Ich bin dankbar für diese zwei spannenden, eindrücklichen und schönen Wochen und hoffe, dass ich diesen tollen Ort und diese wunderbaren Leute bald wieder besuchen darf. Ich kann es Euch nur weiterempfehlen. Javier und Magali möchten übrigens mit ihren Kindern zusammen ihr Haus ausbauen und bald nachhaltigen Tourismus anbieten. Seit kurzem haben sie auch Internetverbindung. Die Chancen, ihr Haus zu erreichen, steigen also 😉

Eine neue Brücke würde den Schul- und Transportweg erleichtern, daher läuft im Moment eine Aktion auf GoFundMe.
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